Heute möchten wir alle gern Profis sein. Selbst ich nenne mich „Usability & User Experience Professional“. Profi, das ist einer, der mit allen Wassern gewaschen ist. Der sich auskennt und dem man nichts vormachen kann. Vor allem macht er keine halben Sachen, ja, er ist ganz bei der Sache. Und das ist auch richtig so. Denn der Profi, ob Professional oder Professor, legt vom Wort her ein Bekenntnis ab: Im Lateinischen heißt „pro-fiteri“ „bekennen“ oder „für etwas einstehen“. Ein gestandener Mann also oder eine gestandene Frau.
Der Dilettant hingegen scheint uns irgendwie halbgar, mit Halbwissen sein Ding zu machen, zwar sehr begeistert und von sich überzeugt, aber doch im Grunde ein Ritter der traurigen Gestalt. Jemand, der nicht recht ans Ziel kommt oder mit Ergebnissen aufwartet, die man allenfalls gutmütig belächelt, so wie die Kritzelei eines Kindes.
Ganz zu unrecht – wenn wir uns wieder mal der Grundbedeutung des Wortes zuwenden. Dilettant kommt nämlich, wieder lateinisch, von „diligere“, und das wird zwar mit „lieben“ übersetzt, aber heißt eigentlich „auseinander lesen“ oder besser „zwischen den Zeilen lesen“. Nämlich „dis-legere“. Der Dilettant in diesem positiven Sinne ist also ein sehr empfindsamer Mensch, der gern die Zwischentöne hört und vielleicht deshalb für den abgebrühten Praktiker etwas unbestimmt erscheint. So könnte man sagen, es ein Mensch, der nicht heißblütig, sondern auswählend liebt. Der sich gut überlegt, wofür er seine Zeit hergibt und in seinen Grenzen den Gegenstand seiner Liebe hegt und pflegt.
Ich behaupte, der wahre Dilettant ist auch diskret. Wir meinen damit ja meistens einen stillen, abwägenden Menschen, der andere nicht bloßstellt und auch ein Geheimnis für sich bewahrt. Der sein Urteil nicht schneidend bildet, sondern das Verbindende und Gute sucht. Auch hier kann wieder ein Blick in das lateinische Wörterbuch helfen: diskret kommt von „dis-cernere“, „unterscheiden“. Unterscheidung der Geister, die guten in Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen, wie es im Märchen heißt. Gemeint ist durchaus ein klarer Blick und nicht ein vernebelter, der alles irgendwie gut findet. Aber doch mit Zurückhaltung und immer im Gedanken: wie kann ich Nutzen bringen?
Vielleicht können wir versuchen, als Profis auch diskrete Dilettanten zu sein. Also für unsere Sache zu stehen, aber mit dem liebevollen Blick und der Zurückhaltung des wahren Meisters. Das zeigt schon, es geht um eine Lebensaufgabe, deren Lösung uns aber eher geschenkt als von uns gewirkt wird. Immerhin, wenn unser Blick nicht nur der Sache, sondern vor allem dem Menschen gilt, so wäre das Wichtigste schon erreicht.